Ja, das Kätzchen hat gestohlen
Ja, das Kätzchen hat gestohlen, und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen, daß er es im Teich versenkt !"
Nachbars Peter hat's vernommen, ungerufen kommt er schon:
"Ist die Diebin zu bekommen, gebe ich ihr gern den Lohn! "
"Mutter, nein, er will sie quälen. Gestern warf er schon nach
ihr, bleibt nichts andres mehr zu wählen, so ertränk' ich selbst
das Tier."
Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen, wie es glänzt
im Morgenstrahl! Lustig hüpft's dem kleinen Jungen auf den Arm zu
seiner Qual.
"Mutter, laß das Kätzchen leben, jedesmal, wenn's
dich bestiehlt, sollst du mir kein Frühstück geben, sieh nur, wie
es artig spielt!"
"Nein, der Vater hat's geboten, hundertmal ist
ihr verziehn!" "Hat sie doch vier weiße Pfoten!" "Einerlei! Ihr Tag erschien!" |
"Nein, der Vater hat's geboten, hundertmal ist
ihr verziehn!" "Hat sie doch vier weiße Pfoten!" "Einerlei! Ihr
Tag erschien!"
"Nachbarin, ich folg' ihm leise, ob er es auch
wirklich tut!« Peter spricht es häm'scherweise, und der Knabe
hört's mit Wut.
Unterwegs auf manchem Platze bietet er sein
Liebchen aus; aber keiner will die Katze, jeder hat sie längst im
Haus.
Ach, da ist er schon am Teiche und sein Blick, sein
scheuer, schweift, ob ihn Peter noch umschleiche - ja, er steht
von fern und pfeift.
Nun, wir müssen alle sterben, Großmama
ging dir vorauf, und du wirst den Himmel erben, kratze nur, sie
macht dir auf!
Jetzt, um sie recht tief zu betten, wirft er
sie mit aller Macht, doch zugleich, um sie zu retten, springt er
nach, als er's vollbracht.
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Eilte Peter nicht, der lange, gleich im Augenblick herzu,
fände er, es ist mir bange, hier im Teich die ew'ge Ruh.
In das Haus zurückgetragen, hört er auf die Mutter nicht,
schweigt auf alle ihre Fragen, schließt die Augen trotzig - dicht.
Von dem Zucker, den sie brachte, nimmt er zwar zerstreut ein
Stück; doch den Tee, den sie ihm machte, weist er ungestüm zurück.
Welch ein Ton! Er dreht sich
stutzend, und auf einer
Fensterbank, spinnend und sich emsig putzend, sitzt sein Kätzchen
blink und blank.
"Lebt sie, Mutter?" "Dem Verderben warst du
näher, Kind, als sie!" "Und sie soll auch nicht mehr sterben?"
"Trinke nur, so soll sie's nie!"
 Friedrich
Hebbel
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